/// DER WANDEL IM MITTELSTAND STEHT BEVOR – 

 KI UND DIGITALISIERUNG VERÄNDERN GESCHÄFTSMODELLE RASANT

Sowohl die deutsche Industrie als auch die Politik hat eine essentielle Aufgabe: Die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland nachhaltig zu sichern. Welche Maßnahmen setzen die Unternehmen aktuell um? Häufig arbeiten Unternehmen am fünften Kostensenkungsprogramm seit Corona, um noch halbwegs das Quartalsergebnis zu retten. Dazu ein Bonmot von Jeff Bezos:

„As a senior executive you get paid for making a small number of high quality decisions per day. Our executives work in the future, live in the future and non of them should be focused on the current quarter”.

Michael Kieppe, Dozent für Key Account Management an der Steinbeis Augsburg Business School
Certified Sales & Key Account Manager Sales & Marketing

Die Ausgangssituation: Viele traditionsreiche deutsche Unternehmen sind vom Radar verschwunden. Gleichzeitig fahren Unternehmen aus den USA und Fernost mit den gleichen oder nahezu ähnlichen Produkten und Dienstleistungen Rekordumsätze ein.

Einige Beispiele:

Auch in den USA erleben wir dieses Phänomen: General Motors rangierte Jahrzehntelang als Nr. 1 unter den „Fortune 500“. GM liegt jetzt nur noch auf Platz 49 (hinter Toyota, VW, Ford und Honda).

Deutschland war im zwanzigsten Jahrhundert wirtschaftlich und industriell unbestritten Weltklasse. Aus Deutschland stammen u.a.:

  • das erste Elektroauto (Flocken 1888 in Coburg)
  • der erste funktionsfähige Computer weltweit (Konrad Zuse 1941 in Berlin)
  • das erste autonom fahrende Auto (Ernst Dickmanns mit Continental / Daimler 1987).

Heute sind führend in diesen Bereichen: Apple, Dell, Lenovo, MobilEye, Waymo, NVIDIA und Tesla.

Tech-Unternehmen wie Amazon, Apple, Microsoft, Meta, Alibaba, NVIDIA, Alphabet (Google) etc. haben Börsenwerte, von denen deutsche Unternehmen nur träumen können. Alle Unternehmen der Top 6 liegen in ihrer aktuellen Marktkapitalisierung bei mehr als 1 Billion Euro.

Natürlich dürfen die klassischen Steuerungsmaßnahmen im Aufsichtsrat / Beirat nicht zu kurz kommen. Dabei geht es nach wie vor um die Performance und Ergebnisentwicklung, die abhängig sind von der aktuellen Marktsituation, den Wettbewerbern und des aktuellen Marktwachstums.
Hinzu kommt das Vorhandensein von strategischen Leitlinien und Aufgaben wie:

  • Förderung und Entwicklung von Mitarbeitern als die wichtigste Ressource für Zukunftsentwicklung
  • Absatzreserven in existierenden Märkten suchen, diese nicht einfach „abhaken“ weil es mühsam ist
  • Neue Märkte finden, die man noch nicht abdeckt (Regionen, Produkte oder Vertriebswege)
  • seine Kernkompetenz und Innovationskraft prüfen hinsichtlich Märkte und Wettbewerb
  • Analyse der operationalen Effizienz auf Steigerung der Arbeitsergebnisse und der Qualität

Die Anpassung an exponentiell wachsende Technologien und die globale Konkurrenz kann allerdings nur über eine Veränderung im Management-Mindset in Unternehmen von statten gehen. Anbei ein durchaus besorgniserregendes Studienergebnis, woher die Wissenschaftler in 2030 stammen werden:

Die Zukunft: Der beispiellose Erfolg der Technologieunternehmen u.a. im Silicon Valley basiert auf folgenden kulturellen Merkmalen, mit denen sich auch die „Generation Z“ identifiziert:

  • Führen durch Vorbild
  • Abkehr von Insignien der Macht
  • Autonome Teams: der “Boss” ist out, der unternehmerisch mitdenkende Mitarbeiter ist in
  • Förderung von smarten Talenten mit Potential
  • Meritocracy statt Seniority, Reverse Mentoring und Orientierung an Trends der Youngster
  • Wille zum permanenten Lernen, eine neue Fehlerkultur etablieren
  • Verantwortung für die Nachwelt

Dies sind elementare Führungs- und Kulturthemen, die der Aufsichtsrat / Beirat in Gang setzen sollte, denn die Talente wandern ab. Der Aufsichtsrat / Beirat sollte beginnen, die traditionellen Anreiz- und Bonussysteme im Unternehmen zu überprüfen und dahingehend zu verändern, zu wieviel Wandel und Transformation die einzelne Führungskraft im Unternehmen persönlich beigetragen hat. Es braucht eine Veränderung der Unternehmenskultur und ein Verlassen der Komfortzone, damit innovative Ideen, die ein Faktorwachstum ermöglichen, gefördert und entwickelt werden. Daher sollte der Aufsichtsrat deutlich stärker als Takt- und Impulsgeber, Coach und Sparringspartner des Vorstands agieren und in Erscheinung treten. Die Zusammensetzung des Beirats im Mittelstand, zuweilen als Monokultur in Kontrollgremien und Führungsetagen, ist zu diskutieren, denn Großkonzerne agieren deutlich professioneller. Wäre es nicht sinnvoll bei der Zusammensetzung auf Fachkompetenz und Diversität (mehr weibliche Mitglieder, mehr KI & Digitalkompetenz, mehr Internationalität & Jugend, mehr Spezial Know-how) zu achten?

Die Aufgaben, Unternehmen in die Zukunft zu führen, sind vielfältig und aufgrund vieler externer Einflüsse nicht leicht zu prognostizieren. Dabei leisten privatwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland über 70% der Wertschöpfung. Ihnen kommt in der Transformationsphase die Schlüssel-rolle zu. Eine Transformation in wachstumsstarke Segmente: Die geheimen Weltmarktführer haben es vorgemacht (vgl. Hermann Simon „Die Hidden Champions“, 2012) und sind/waren in Nischen-bereichen global überaus erfolgreich. Dies hat vor allem Gründe in Ihrer Technologieführerschaft.

Ein weiteres Geschäftsfeld kann die Transformation von einem reinen Produkterzeuger zu einem ganzheitlichen Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, der nahtlos in Ökosysteme integriert ist, darstellen. Dies hat der Werkzeughersteller Würth unter Beweis gestellt. Sein Imperium begann mit der Schraubenherstellung und heutzutage ist der Industrieservice ein bedeutendes Geschäftsfeld.

Durch die Bereitstellung von Mehrwertdiensten wie Beratung, Schulung, Software und Wartung können Unternehmen ihre Wertschöpfungskette erweitern und neue Umsatzpotenziale erschließen. Die Integration von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung spielt dabei bei der Transformation zum ganzheitlichen Anbieter und seiner Ökosysteme eine zentrale Rolle. Durch den Einsatz von KI-Technologien können Unternehmen personalisierte Dienstleistungen und maßgeschneiderte Produkte anbieten, indem sie Kundenpräferenzen analysieren und prognostizieren. Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung die Schaffung digitaler Plattformen, die Unternehmen in die Lage versetzt, mit Kunden, Partnern und anderen Stakeholdern nahtlos zu interagieren. Diese Plattformen dienen als zentrale Anlaufstelle für den Austausch von Daten und Informationen in Echtzeit, was die Effizienz steigert und neue Synergien innerhalb der Ökosysteme und ihrer Klimaneutralität schafft. Die Integration von KI und Digitalisierung erhöht die Effizienz, verbessert die Kundenbindung und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten in einem zunehmend digitalisierten Umfeld.

Dahingehend sollten Aufsichtsräte und Beiräte mit dem Vorstand und der Geschäftsführung in Strategiegespräche eintreten, um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu sichern.