/// WIE TOP START-UPS IHREN VERTRIEB VERGESSEN

Zu späte Auseinandersetzung mit dem Vertrieb 

Ein Phänomen konnte ich bei den aufgeführten Start-ups beobachten: Es wurde sich zu spät mit dem eigenen Vertrieb auseinandergesetzt. Die Aufgaben Vertriebsziele definieren, Zielgruppenanalyse, Wettbewerbsbeobachtung, Pricing, Sales-Pipeline inkl. Zielkundenliste, CRM-System sowie Sales-Controlling, mögliche Vertriebspartnerschaften, die Entscheidung über den direkten oder den indirekten Vertrieb an den Markt zu gehen, grundsätzliche Vertriebskanalauswahl und die Deckungsbeitragsberechnungen pro Produkt und Dienstleistung wurden nur mäßig behandelt. Zudem wurde in den Business-Plänen die Personalausstattung für den Vertrieb mitsamt Außendienst und Innendienst nicht oder zu gering budgetiert. Ich spreche hier nicht vom Aufbau einer aufwendigen Sales-Force, es geht in diesem Stadium häufig nur um 2 bis 3 Personen, die sich um die Akquise und Kundenbetreuung kümmern.

Die häufigste Antwort auf meine Frage an die Gründer, wer denn den Vertrieb zukünftig übernehmen soll, war „das machen wir nebenbei“.

Bei allem Verständnis und der Sympathie für den Enthusiasmus und das Engagement der Gründer, diese Arbeitsaufteilung wird nicht funktionieren. Nicht, weil sie nicht vertrieblich begabt wären, im Gegenteil, sehr oft können die Gründer ihr Produkt am besten verkaufen und sind zumeist am überzeugendsten. Sie werden nicht erfolgreich sein können, weil Ihnen schlichtweg die Zeit dafür fehlt, einen systematischen Vertrieb umzusetzen, hartnäckig zu akquirieren und eine hohe Erreichbarkeit für die Kunden zu gewährleisten.

Michael Kieppe, Dozent für Key Account Management an der Steinbeis Augsburg Business School

Die Aufgaben von Gründern sind vielfältig
Hier sind einige der wichtigsten Aufgaben, die Gründer typischerweise übernehmen:

Es ist zu beachten, dass die genauen Aufgaben von Gründern je nach Branche, Größe des Start-ups und Unternehmensentwicklungsstadium variieren können. Häufig tragen Gründer viele Hüte und müssen bereit sein, sich wechselnden Anforderungen anzupassen. Die Aufzählung ist sicherlich nicht vollzählig, denn das Pflegen von Lieferantenbeziehungen wurde in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnt.

Ohne Kunden, kein Umsatz

Jetzt stelle ich stets die Frage, wo bleibt in diesem speziellen und verrückten Start-up Alltag noch die Zeit, um Kunden zu identifizieren, zu akquirieren, zu betreuen und in eine lange Kundenbeziehung zu überführen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bekomme ich regelmäßig Zustimmung von Seiten der Gründer, dass ihnen für die Kundenanliegen und den Aufbau der notwendigen Kundenbeziehungen zu wenig Zeit zur Verfügung steht. Das unangenehme ist nur, ohne Kunden, kein Umsatz.

Diese Erkenntnis ist nicht bahnbrechend, doch die Frage ist jedes Mal, wie konnte es dazu kommen, dass der Vertrieb nahezu ausgeblendet wurde? Die Begeisterung für das neue Produkt, für die neue IT-Lösung, für die Uniqueness des Angebotes ist so überwältigend groß, dass die kaufmännisch notwendigen Themen nicht im Vordergrund stehen. Insbesondere bei Tech-Start-ups, gibt es oft 5-8 IT-Produktentwickler verstreut auf der ganzen Welt, die nichts anderes tun, um das Produkt u.a. auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Marktreife zu bringen und sämtliche denkbaren Zusatz-Features mit den unterschiedlichsten Schnittstellen automatisiert darstellen zu können. Ob es dafür geeignete Kunden gibt, die diese Produkte und Dienstleistungen zu den beabsichtigten Preisen einkaufen, wird erst viel später berücksichtigt. Die Tech-Faszination und Produkt-Begeisterung schlägt in nicht wenigen Start-ups die betriebswirtschaftlichen Grundlagen, so lautet zumindest mein Resümee.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es aktuell schwieriger und aufwendiger geworden ist, entsprechende Finanzmittel durch Investoren zu erhalten, ist es von besonderer Bedeutung, erste Umsätze generieren zu können, um interessierten Investoren zu zeigen, dass bereits Kunden existieren, Rechnungen bezahlt werden und das Geschäftsmodell funktioniert.


Eine profunde Go-to-Market-Strategie ist unerlässlich

Die Go-to-Market (GTM) Strategie ist entscheidend für den Erfolg eines Start-ups, aber es gibt verschiedene Herausforderungen, die während der Umsetzung auftreten können. Hier sind einige Herausforderungen zu nennen, die Start-ups bei der Go-to-Market Strategie erfahren können:

Über den Autor: Michael Kieppe hat als CEO von Kaffee Partner eine der größten Vertriebsorganisationen in der DACH-Region geführt, die mit konsequentem Leadmanagement erfolgreich waren. Danach war er als Berater für den Tchibo Coffee Service und als Managing Director von Selecta in DE & AT verantwortlich. Zudem bekleidete er Führungspositionen bei Vamed, Sixt und Bertelsmann und war als Unternehmensberater u.a. für Cap Gemini Ernst & Young tätig. Er ist einer der erfahrensten Experten auf dem Gebiet des Multi-Channel-Managements & CRM-Systemen für den Mittelstand und deren Vertriebsorganisationen