WIE SIE DIE 7 GRÖSSTEN FEHLER DES TALENTMANAGEMENTS VERMEIDEN

INTERVIEW MIT ANDREAS RENNER,
GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTOR STEINBEIS
AUGSBURG BUSINESS SCHOOL UND DR. PHILIPP RODRIAN,
LEITUNG INHOUSE PROGRAMME.

Herr Renner, Herr Dr. Rodrian, Sie sprechen von 7 Fehlern des Talentmanagements. Bevor wir diese im Einzelnen besprechen, auf welchen Erfahrungen beruht denn Ihre Einschätzung?

AR: Als Dienstleister für Inhouse-Akademien, als Berater und als Business School greifen wir auf die Erfahrungen von vielen unserer Kunden bzw. auf gemeinsame Projekte in sechs Ländern zurück. Dabei haben sich „best practice“, aber eben auch typische Fallstricke herauskristallisiert.
PR: In der Regel erhalten wir einen Anruf, wenn etwas NICHT funktioniert, um eine Veränderung zu erzielen. Daher haben wir einen guten Einblick, was in der Regel eben genau NICHT ausreicht, um im Bereich Talentmanagement erfolgreich zu sein.

FEHLER NR.1 – EINZELMASSNAHMEN UND SCHNELLSCHÜSSE OHNE GESAMTKONZEPT

Was verstehen Sie unter einem Gesamtkonzept für Talentmanagement?

PR: Schauen wir uns an, was in vielen Organisationen passiert. Es wird ein Mangel identifziert, es wird schnell eine Maßnahme getroffen. Die gesamte Strategie, ein übergeordnetes Ziel und eine wirkliche Steuerung werden dabei dann vernachlässigt.

AR: Es heißt ja Talent-MANAGEMENT, also eine gezielte Steuerung. Folgende Fragen sollten Sie sich stellen: Welche Aktivitäten werden betrieben? Wer ist jeweils der Owner, wer „Kunde“? Welche Ziele sollen erreicht werden? PR: Stellen Sie es sich so vor, wie eine Sport-Mannschaft. Gute Einzelspieler machen noch keinen Erfolg aus. So ist es auch mit Einzelmaßnahmen. Deshalb legen wir bei unseren Transformations- oder Beratungsprojekten das integrale Modell der Augsburger Schule der digitalen Transformation zugrunde. Weil wir einfach erkannt haben, dass alles andere nicht funktioniert.

FEHLER NR.2 – „BREITEN- OHNE SPITZENSPORT“

AR: Angebote in der Breite soll und muss es natürlich geben. Wir sehen Angebote für die Top Performer als Zusatz. Leider scheuen sich viele Unternehmen, spezifsche Entwicklungsangebote für die besten zehn Prozent zu implementieren. Die Gefahr ist, dass diese Key Player dann nach Optionen außerhalb des Unternehmens suchen.
PR: Konkrete Maßnahmen, die wir begleiteten, sind spezielle Entwicklungsangebote wie zusätzliche Seminare für ausgewählte Mitarbeiter, wie z.B. Vertriebstrainings für die besten Verkäufer, Coaching und Mentoring zugeschnitten auf spezifische Anforderungen, 360 Grad
Coachings für Führungskräfte oder spezielle Programm für den Nachwuchs, um die Key Player von morgen zu binden und für zukünftige Führungsrollen zu stärken.

FEHLER NR.3 – FÜHRUNGSKRÄFTE ALS TALENT-SCOUTS VERNACHLÄSSIGT

PR: Hier gilt es an zwei Stellschrauben anzusetzen. Die Führungskräfte müssen erstmal für diese Rolle gestärkt werden. Oft scheuen es Führungskräfte, die Top Performer im Team für weitere Aufgaben zu empfehlen, weil sie Sorge haben ihre besten Leute zu verlieren und vielleicht auch Angst haben, selbst überholt zu werden. Die Rolle der Führungskraft als „Königs-/Königinnen-Macher“ muss erstmal gestärkt werden! AR: Weiterhin gilt es, die Kommunikation zwischen
Führungskräften und Personalentwicklung zu verbessern. Nur so können Talente und Key Player über verschiedene Instrumente wie Feedbackgespräche, Beurteilungen, Diagnostiken etc. zielsicher erkannt und auch
gefördert werden. Die Förderung eines Talents gegen den Willen der Führungskraft ist „Designed to Fail“.

FEHLER NR.4 – KEINE NACHHALTIGEN ENTWICKLUNGSPROGRAMME

AR: Sehr oft erleben wir es bei Kunden, dass einzelne Seminare angeboten werden und die Hoffnung besteht, dass diese alles verändern. Um zu lernen und Neues zu implementieren braucht es aber Zeit, Management Attention und viele Anreize.
PR: Wir empfehlen Entwicklungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum aufzusetzen, mit digitalen Einheiten zur Nachbesprechung von Seminaren, mit eLearnings, mit Lern-Tandems, kombiniert mit persönlichen Coachings auf Basis von diagnostischen Tools, mit einer
Prüfung als Abschluss. Und gerade hier machen die meisten Firmen Fehler. Es fndet kein Transformationscontrolling statt. Warum? Würden Sie einen optimierten Server nicht testen, bevor Sie ihn live schalten?

FEHLER NR.5 – „EINMAL IM JAHR MITARBEITER-JAHRESGESPRÄCH IST GENUG“

AR: Mitarbeiterjahresgespräche eignen sich für drei Themen: Sie sollen Raum für eine Aussprache schaffen, es soll ein Feedback mit anschließenden Maßnahmen stattfnden und es soll Motivation für die nächste Zeit geben.
PR: Gerade das Feedback ist doch eine der wichtigsten Aufgaben einer Führungskraft. Es soll bei der Entwicklung der geführten Personen unterstützen, das Beste für die Mitarbeiter und auch für die Organisation herausarbeiten. Wer hier denkt „einmal im Jahr reicht“, der sollseine Zimmerpflanze auch nur einmal im Jahr gießenund schauen, was passiert.
AR: Heute gehen Firmen meist dazu über, öfters im Jahr eine ausführliche Feedbackrunde zu fahren.
Damit reduzieren sich die meist rein auf kritische Themen ausgerichteten Zwischenfeedbacks zwischen „Tür und Angel“.
PR: Gerade mit dem Projekt-Performance Feedbackmodell, dem Jochum-Dialog-Modell, dem BPS 180 Grad Feedback, Teamfeedbacks in Retrospektiven oder dem Realisierungsansatz von der ABS gelingt es Firmen in sehr kurzer intensiver Zeit eine nachhaltige Veränderung zu erreichen – Techniken die oft für Verblüffung sorgen.

FEHLER NR.6 – ZU WENIG ZAHLEN, DATEN, FAKTEN

AR: Die größte Diskrepanz zwischen den TOP 10 und Unternehmen am unteren Ende der Skala in einer Branche ist der Umgang mit Zahlen, Daten und Fakten. Die TOP 10 haben keine Angst vor Befragungen, Workshops für weitere Optimierungen oder unternehmensweiten 180/360 Grad Feedbacks. Aus Sorge vor schlechtem Feedback scheuen das aber meist die weniger erfolgreichen Unternehmen.
PR: Die Logik ist nachvollziehbar: Erst einmal optimieren wir, dann messen wir. Das ist vergleichbar mit einem aufgeschobenen Arztbesuch bis man sich erstmal
selbst therapiert hat und dann hoffentlich gesund zum Arzt geht. Warum nicht zweimal messen?
AR: Wir muten heute unseren Führungskräften signifkant weniger zu, als unseren Kindern in der siebten Klasse. Bei unseren Kindern sind Zeugnisse, Zwischenfazits und Feedbacks normal. Unseren Führungskräften, die einer Organisation schnell 100.000,- € kosten, begegnen wir mit einer Schonhaltung. Warum nur? Es gibt doch Methoden, Kennzahlen menschenfreundlich zu erheben und zu verarbeiten.

FEHLER NR.7 – ARBEITGEBER-MARKE VERNACHLÄSSIGT

AR: Marke ist Marge sagt man im Marketing. Diese Weisheit gilt sicherlich auch für die Arbeitgeber Marke. Je stärker Ihre Marke bei den potentiellen Talenten,
desto mehr Bewerbungen, aber auch desto weniger Abwanderung. Und Abwanderung kostet Geld, Zeit und Qualität.
PR: Die Steinbeis hat eine Digitalagentur in Augsburg und wir merken, dass mittlerweile eine unserer größten Nachfragen im Bereich online Optimierung die Arbeitgeber Marke darstellt. Und nein, die Lösung ist nicht Facebook. Selbst bei unserem Seminar „Verkaufen im Internet“ waren letztes Mal ein Drittel der Teilnehmende interessiert an der Vermarktung ihrer offenen Stellen.
AR: Dabei ist es so einfach, an der Arbeitgeber Marke zu arbeiten. Es gibt 5 Schritte, die jeder auch mit kleinstem Aufwand umsetzen kann. Oft fehlt einfach nur eine Person mit dem dezidierten Arbeitsauftrag „Kümmere dich darum, bitte.“ Und die Person müsste noch nicht mal in der Personalabteilung verortet sein.